Von Willkür in Wimsheim bis zu Weisbrich und seinen Wohfühlpropheten
Am 10.12. kam der Wimsheimer Gemeinderat erwartungsgemäß zu dem Ergebnis, dass auch das zweite Bürgerbegehren der Bürgerinitiative Wimsheim e.V. (BI e.V.) unzulässig sei. Dieses zweite Begehren richtete sich ausdrücklich gegen den Verkaufsbeschluss der Gemeinde an C. Hafner.
Die Besucher der Gemeinderatsitzung staunten nicht schlecht, als sie hörten, dass der von der Gemeinde für teures Geld mandatierte Rechtsprofessor und Schattenbürgermeister Büchner nun sogar auf die Grundrechte unserer Verfassung zurückgreifen muss, um die Mehrheit der Wahlberechtigten in Wimsheim weiterhin mundtot zu machen. Die Gemeinde argumentiert, dass das zweite Bürgerbegehren gegen das aus Artikel 3 Grundgesetz abgeleitete Willkürverbot verstoße.
Willkürverbot, was ist das?
Dieser Rechtssatz des Verfassungs- und allgemeinen Verwaltungsrechts besagt, dass bei staatlichem Handeln wesentlich gleiche Lebenssachverhalte (die Ansiedlung von Unternehmen wie C. Hafner) nicht willkürlich (nicht ohne sachlichen Grund) ungleich behandelt werden dürfen.
Nachdem sich die Fragestellung im Bürgerbegehren ganz konkret gegen die Ansiedlung von C. Hafner richtete, während die Bauleitplanung der Gemeinde angeblich ganz allgemein auf Unternehmen wie C. Hafner abziele, werde C. Hafner durch das zweite Bürgerbegehren ohne sachlich rechtfertigenden Grund gegenüber anderen Unternehmen dieser Branche benachteiligt.
Diese Argumentation steht auf tönernen Füßen, denn die Gemeinde hat das Grundstück Breitloh West II nun einmal ganz konkret an C. Hafner verkauft. Aus diesem Grund konnte sich die Fragestellung im zweiten Bürgerbegehren nur gegen exakt diesen Verkauf richten. Hätte die BI e.V. vorsorglich in die Fragestellung den Verkauf an jedwedes andere Unternehmen der edelmetallverarbeitenden Branche aufgenommen, hätte der Rechtsprofessor moniert, dass die Fragestellung für die Unterzeichner des Begehrens nicht konkret genug sei. Genau diesen Einwand machte die Gemeinde nämlich gegen die Fragestellung im ersten Bürgerbegehren geltend. Sie sehen, egal, wie die Bürger es anstellen, um sich Gehör zu verschaffen, die Luxusrechtsvertretung der Gemeinde findet schon einen Weg, Bürgerbeteiligung zu verhindern. Die dürftige Begründung der Unzulässigkeit des zweiten Begehrens sollte den Hafner- Gegnern Mut für den nun erneut notwendigen Gang durch die verwaltungsgerichtlichen Instanzen machen.
Wimsheim, Mekka der Rechtverhinderung?
Tja, liebe (auswärtige) Leser, in Wimsheim spürt man seit einem Jahr die Nähe zum Sitz des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe. Es wird mit höchsten verfassungsrechtlichen Weihen argumentiert, anstatt in einem kleinen Dorf miteinander eine demokratische Lösung zu finden. Statt mit seinen politischen Gegnern in einen ernsthaften und ergebnisoffenen Dialog einzutreten, ertragen wir einen Schultes, der zusammen mit einem Rechtsprofessor jede sich bietende juristische Finte ausschöpft, um ja nicht die Meinung des Volkes zu C. Hafner erfragen zu müssen.
Gerade zu hanebüchner, Verzeihung hanebüchen war die Behauptung von Professor Büchner in der Gemeinderatssitzung, eine unverbindliche Bürgerbefragung sei nicht möglich, wenn zum selben Thema ein Bürgerentscheid nicht zulässig ist.
Richtig ist, dass eine unverbindliche Bürgerbefragung jederzeit möglich ist. Die Gemeindeordnung von Baden-Württemberg sieht nichts Gegenteiliges vor. Das weiß auch Professor Büchner. Auf entsprechende Nachfrage der PZ ist er inzwischen zurückgerudert und hält eine informatorische Bürgerbefragung grundsätzlich für zulässig. In Wimsheim sei es allerdings jetzt für eine solche viiiiiiieeeeelllllll zu spät, weil das Bebauungsplanaufstellungsverfahren schon in vollem Gang ist. Und überhaupt, so Professor Büchner, könne die Bürgerinitiative eine solche unverbindliche Bürgerbefragung selbst durchführen.
Na vielen Dank Herr Professor! Eine erste von der BI initiierte Unterschriftenaktion hat es zu Beginn des Jahres in Wimsheim schon gegeben. Das Ergebnis hat die Gemeinde nicht anerkannt und die Handvoll Hafner-Befürworter im Ort werfen der der BI. e.V. bis heute üble Manipulationen bei dieser Form der Bürgerbefragung vor.
Willkürliche Verhinderung von Bürgerbeteiligung?
Außer dem Rechtsprofessor waren am 10.12. natürlich auch Herr Weisbrich und sein Gemeinderat körperlich anwesend. Nachdem in den Medien vorab schon bekannt war, dass der Rat das zweite Begehen für unzulässig erklären würde, stand noch die Bürgerfrageviertelstunde auf der Agenda.
Es darf als Verdienst der C. Hafner-Gegner und ihrer zahlreichen Dienstaufsichtsbeschwerden verbucht werden, dass Herr Weisbrich seinen „Untertanen“ zum ersten Mal in der Hagenschießhalle die Möglichkeit gab, zu dem augenblicklich wichtigsten kommunalpolitischen Thema des Ortes in großer Runde Fragen zu stellen.
Und was macht Herr Weisbrich? Anstatt die Chance zu nutzen, durch Deeskalation den Druck aus dem Wimsheimer Kessel zu nehmen, gibt er sich nachtragend, beleidigt, unbelehrbar und -im juristischen Windschatten seines Rechtsprofessors- unbeugsam in der Rechtsverfolgung. Herr Weisbrich wurde nicht müde, jeden BI- nahen Fragesteller mit Vorhaltungen über dessen angebliche Schuld am Zustand im Ort zu konfrontieren. Selbstkritik, Empathie und Versöhnungsbereitschaft? Fehlanzeige!
Wie viele Bürgermeister einer kleinen Gemeinde würden in einer vergleichbaren Situation einen hochdotierten Rechtsprofessor damit beauftragen, ein Urteil zu suchen, wonach eine unverbindliche Bürgerbefragung angeblich nicht möglich sein soll?
Richtig, kein Bürgermeister, der dieses kommunale Wahlamt als Berufung versteht und dauerhaft bekleiden will, würde so etwas tun. Amtskollegen von Herrn Weisbrich hätten schon längst die Bürger befragt, um zu erspüren, ob sie mit ihren Ratsgremien auf der richtigen Spur unterwegs sind. Diese politische Gestaltungsmöglichkeit unterscheidet Bürgermeister von Richtern. Letztere dürfen nur nach Recht und Gesetz entscheiden, ohne auf Stimmungen und Befindlichkeiten in der Bevölkerung Rücksicht nehmen zu können.
Klar, die Gemeindeorgane sind auch an Recht und Gesetz gebunden, aber sie haben bei der Ansiedlung eines Unternehmens im Vorfeld einen bedeutenden politischen Gestaltungsspielraum. Sie können und müssen sich fragen, ob juristisch machbare Projekte auch auf den Rückhalt der Bevölkerung stoßen und mit dem Willen des Volkes durchsetzbar sind. Und genau diese Frage wollen Weisbrich und die Ja- Sager des Gemeinderats aus ignoranter Machtversessenheit heraus nicht beantwortet wissen.
Man kann ein gesetzliches Verfahren wie die Bauleitplanung auch mit Absicht im Schweinsgalopp so sehr forcieren, dass man keine Ermessenspielräume für Bürgerbeteiligung mehr hat. Wer sich mit Mitteln des Rechts selbst kastriert, um sich der Bevölkerung in Sachen direkte Demokratie als Eunuch zu präsentieren, der gar nicht (mehr) anders handeln kann, missbraucht in Wirklichkeit das Recht.
Willkürfrei, weil frühe, verbindliche und flexible Bürgerbeteiligung
Dass es in Baden-Württemberg anders gehen kann, zeigt der aktuelle Planungsleitfaden, wonach die Landesverwaltung die Bürger/innen bei der Planung von Großprojekten in Zukunft frühzeitig und umfassend beteiligen muss:
http://www.baden-wuerttemberg.de/de/service/presse/pressemitteilung/pid/mitreden-bei-grossprojekten/
In der Pressemitteilung heißt es: “So sieht der Leitfaden beispielsweise vor, dass die Verwaltung in Zukunft fachlich und öffentlich begründen muss, wenn sie Vorschläge von Bürgern ablehnt. Das ist ebenso neu wie die frühzeitige Beteiligung. Danach müssen die Behörden die Bürgerinnen und Bürger bei der Planung eines Landesprojekts so früh wie möglich einbeziehen, damit problemlos auch über Alternativen oder den Ausstieg aus dem geplanten Projekt diskutiert werden kann. In der frühen Phase soll außerdem ein konkreter Beteiligungsfahrplan festgelegt werden. Darin entscheidet der Träger gemeinsam mit beteiligten Gruppen, ob und wann eine Bürgerbeteiligung geboten ist.
Dabei gilt: Da jedes Großprojekt anders ist, gibt es auch für die Bürgerbeteiligung kein Schema F. Deshalb werden für jeden Fall vor Ort mit den Bürgerinnen und Bürgern geeignete Formate wie etwa unabhängige Moderation, Bürgerbefragung oder Zukunftswerkstatt ausgewählt.“
Weisbrich steht für das traurige Gegenteil
Anstatt im November 2012 eine Show-Veranstaltung ohne Schornsteine mit C. Hafner und im Januar 2013 eine Kaffeefahrt zu C. Hafner zu initiieren, hätte die Gemeinde auf kommunaler Ebene im vorstehenden Sinn handeln und eine unverbindliche Bürgerbefragung durchführen können. Stattdessen hat man am 18.12.2012 im völlig überfüllten Sitzungssaal des Rathauses die Projekt-Kritiker überhört, gemaßregelt und verspottet. Gegen jede politische Vernunft wurde mit aller Macht das Bebauungsplanaufstellungsverfahren für Breitloh West II angestoßen. Die Kritiker bekamen die Brosamen hingeschmissen, Einwände nach dem Baugesetzbuch vorbringen zu können. Das Ergebnis ist bekannt. Wimsheim ist heillos zerstritten und gespalten. Die erste Runde der Einwände nach dem Baugesetzbuch wurde vom Gemeinderat im Sommer niedergebügelt und Bürgerbeteiligung -gleich in welcher Form- wird verweigert.
Wie kann, wie soll es weitergehen in Wimsheim?
Wimsheim kann nur eine professionelle Mediation weiterhelfen, um die Konfliktparteien in einem ersten Schritt wieder in einen Dialog zu bringen. Ob sich daraus weiterführende konstruktive Gespräche zur Lösung des Konflikts ergeben können, ist im Moment zweitrangig.
Wie nötig Wimsheim professionell begleiteten Dialog braucht, zeigen die Nachwehen der letzten Gemeinderatssitzung. Die Bürgerfrageviertelstunde reichte offenbar nicht aus, um den Gesprächsbedarf zwischen den Lagern zu befriedigen. Dies zeigen die lebhaften und mehr oder minder geistreichen Verbalinjurien anonym agierender Menschen im PZ-Internetforum.
Mario Weisbrich ist nicht geeignet, an entsprechenden Gesprächen teilzunehmen. Er hat 2013 durch sein unnachgiebiges Verhalten im Ort jegliches Vertrauen bei der Bevölkerung verspielt. An sich wäre Herr Weisbrich noch zu jung an (Amts-)Jahren, um seinen politischen Gegnern ständig nur eindimensional mit vergangenheitsorientierten Schuldzuweisungen zu begegnen. Herrn Weisbrich fehlt es aber an jedweder Vision, um auf kommunaler Ebene mehr Demokratie zu wagen und seine politischen Gegner mit ins Boot zu holen.
Noch einfacher wäre es, wenn die großen Wohfühlpropheten von C. Hafner endlich im Buchbusch von ihrem bestehenden Baurecht Gebrauch machen, denn ein Rücktritt von Mario Weisbrich ist bei seiner bisher gezeigten Unnachgiebigkeit nicht zu erwarten.
Gastbeitrag, Verfasser der Redaktion bekannt