Brief an den Bürgermeister und die Gemeinderäte Gutachen Bürgerbefragung

Bürgerinitiative Wimsheim  * Uhlandstraße 15 Ÿ 71299 Wimsheim

 

Herrn Bürgermeister Mario Weisbrich

Damen und Herren des Gemeinderats

Rathausstraße 1

71299 Wimsheim  

cc: Presse

                                                                                             

                                                                                                          19. Februar 2014

Gutachterliche Stellungnahme zur Durchführung einer informatorischen Bürgerbefragung in Wimsheim über den Verkauf des gemeindlichen Grundstücks „Breiloh-West II“ an die Firma C. Hafner, Pforzheim

 

Sehr geehrter Herr Weisbrich, sehr geehrte Damen und Herren,


es hat sich bedauerlicherweise wieder einmal herausgestellt, dass offizielle Aussagen von öffentlichen Ämtern gegenüber den Bürgern keinerlei Rechtssicherheit aufweisen.

Deshalb haben wir eine gutachterliche Stellungnahme bei einem Rechtsanwaltsbüro in Auftrag gegeben, die Sie als Anhang dieses Schreibens erhalten.

 

Der Kern der Aussagen ist:

 

  • Diese Bürgerbefragung hat sich in der kommunalen Praxis als Institution entwickelt und wird als Ergänzung zu den gesetzlich bestehenden Formen der Bürgerbeteilig-ung immer wieder ins Spiel gebracht. Dies zielt auf die Ermittlung des Bürgerwillens zu konkreten kommunalpolitischen Fragestellungen ab, die von der Gemeinde zu entscheiden sind.
  • Rechtsgrundlage einer solchen Bürgerbefragung als Form der informellen Beteiligung ist, falls es diesbezüglich überhaupt einer Ableitung bedarf, Art. 28 Abs. 2 GG.
  • Die institutionalisierten Beteiligungsformen stellen keine abschließende Regelung von Bürgerbeteiligungen dar.
  • …die Anhörung….ist z.B. bei den Beteiligungsformen im Rahmen von §3 BauGB von Anfang an seit der Einführung unstreitige Verfahrensmöglichkeit.
  • Der Gemeinderat selbst hat nicht nur die Freiheit, ein entsprechendes Verfahren einzuleiten, sondern natürlich auch die Freiheit die Bedeutung des Ergebnisses aufzunehmen.
  • Es kann … zusammengefasst werden, dass eine Bürgerbefragung in jedem Stadium eines Verfahrens und außerhalb eines Verfahrens prinzipiell nicht ausgeschlossen ist; dies soweit der Gemeinderat in seiner Entscheidung noch frei ist.
  • Die Durchführung einer Bürgerbefragung ist bei jedem Verfahrensstand vor einer abschließenden Entscheidung möglich. Über die Fragestellung und den Zeitpunkt entscheidet der Rat. Es reicht hierzu ein schlichter Gemeinderatsbeschluss aus. Der Rat ist in der Bewertung des Ergebnisses frei.

In einer der letzten Gemeinderatssitzungen haben Sie, Herr Bürgermeister Weisbrich, gesagt, dass die Gemeinde Herr des (Bebauungsplan-)Verfahrens sei und das Verfahren jederzeit beenden könnte. Somit sind Sie und der Gemeinderat in Ihrer Entscheidung noch frei.

 

Das Verhalten des Bürgermeisters und Gemeinderates im Hinblick auf die von uns mehrfach vorgebrachte Bitte, eine informatorische Bürgerbefragung zum o.g. Thema durchzuführen, erntet überwiegend Kopfschütteln und Unverständnis. Gewohnt kritiklos ist der Rat den haltlosen Beurteilungen und falschen Ratschlägen des Rechtsbeistandes der Gemeinde Wimsheim gefolgt. Die Aussagen von Herrn Bürgermeister Weisbrich waren wieder einmal von Täuschung geprägt, wenn sinngemäß behauptet wurde, eine informatorische Bürgerbefragung sei ebenso wie ein Bürgerentscheid nicht zulässig. In dieser Richtung wurde auch eine Beurteilung der Kommunalaufsicht falsch und damit irreführend dargestellt, wonach über eine Zulässigkeit einer Bürgerbefragung eher Unsicherheit herrsche.

 

Wir fordern Sie auf, Ihre falschen Behauptungen im Amtsblatt öffentlich richtig zu stellen und die Bevölkerung korrekt über die Zulässigkeit einer Bürgerbefragung zu informieren!

 

Dass echte Bürgerbeteiligung in diesem Verfahren immer wieder mit Falschaussagen und durchsichtigen Beschwichtigungsversuchen verhindert wurde, ist zu unserem Entsetzen in Wimsheim leider zum häufig praktizierten Mittel der Kommunalpolitik geworden. Es wäre ein überzeugender Akt gelebter Demokratie, die Meinung der Bürger unabhängig davon einzu-holen, wie diese ausfallen würde. Und es würde Ihnen allen zur Ehre reichen, eine so schwerwiegende Entscheidung, wie es die Ansiedlung der Hafner-Betriebe ist, in die Hände der Bürger zu legen. Ansonsten aber werden Sie für alle Zeiten als dasjenige Gremium in den Annalen der Gemeinde stehen, das den eigenen Bürgern ihr ureigenes Mitwirkungsrecht vorsätzlich und aus Mangel an Zivilcourage vorenthalten hat.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

(Prof. Dr. Wolfgang Jentner)                                                (Holger U. Lehmann)

Uhlandstraße 15                                                                   Uhlandstraße 38

71299 Wimsheim                                                                  71299 Wimsheim